Die wichtigsten Kirschsorten im Eggenertal

Das Eggenertal ist auf Grund seiner schweren Böden und seiner Lage in der Vorbergzone ein ideales Kirschenanbaugebiet. Das im Vergleich zur Rheinebene gemässigtere Klima verleiht den Kirschen eine intensivere Frucht und gleichmässigere Reife. Da die Lagen für Weinbau im Tal begrenzt sind, konnte der Obstbau mit der Hauptfrucht Kirschen eine große Rolle entwickeln; dies nun seit Generationen.

Im Anbau hat sich in nur dreißig Jahren vieles verändert. Vom einstigen Streuobstanbau mit Hochstammbäumen zu Plantagen mit Nieder – oder Halbstammbäumen, von der Handpflückung zur maschinellen Schüttelernte. Von Hand gepflückt werden weiterhin die Kirschen in dem sich seit der Jahrtausendwende rasch entwickelnden Tafelkirschenanbau. Der technische Fortschritt in der Lebensmittelverarbeitung hat auch die Vermarktungsform verändert. Noch vor rund siebzig Jahren wurden alle Kirschen außer Brennware für das berühmte »Schwarzwälder Kirschwasser« gestielt.

Ungestielte Kirschen wurden erst mit Entstehen der Marmelade – und Saftindustrie in den fünfziger Jahren vom Markt aufgenommen. Die rasche Entwicklung erfasste aber auch die Kirschsorten. Waren die alten Sorten meist regionale Lokalauslesen, so kommen heute immer schneller und breiter gezielte, teilweise internationale Züchtungen zur Anpflanzung, besonders im Tafelkirschenanbau. Das weite Sortenspektrum im Tafelkirschenanbau umfasst Sorten mit verschiedenen Reifephasen, um den Markt länger mit frischer Ware beliefern zu können. Nach pomologischer Einteilung gehören die Marmelade – und Saftkirschen zu den weichfleischigen Herzkirschen, die Tafelsorten zu den festfleischigen Knorpelkirschen.

Die nachfolgende Sortenbeschreibung umfasst das Kernsortiment des Anbaus, es stehen natürlich viele weitere Sorten, manche nur in Einzelbäumen zu Versuchszwecken. Wie bei allen landwirtschaftlichen Produkten gilt auch hier: nicht alles ist an jedem Standort geeignet.

Die alten Sorten

Markgräfler Süßkirsche

Diese alte Sorte gibt es mit leichten Abweichungen in Größe, Form und Reifezeitpunkt. Sie bildete einst das Rückgrat des Kirschenanbaues im Tal und begründete den Ruf der beiden Dörfer als bedeutendes Kirschenanbaugebiet im Markgräflerland. Einst wurde diese Kirsche für Marmelade, Saft und als Tafelkirsche verwendet. Über Generationen war diese Sorte einer der Hauptbestandteile für das Kirschwasser. Die Markgräfler Süßkirsche ist tiefschwarz, von sehr süßem Geschmack und ausgeprägtem Aroma mit leichtem Anflug von Marzipan. Die intensive Saftfarbe ist sehr dunkelrot. Die Kirsche ist die klassische Belagskirsche für unsere lokale und sehr schmackhafte »Chriesiweihe« oder mit einem Schuss Kirschwasser, Sahne und Vanilleeis das Herz eines guten »Schwarzwaldbechers«.

Langstieler oder Bittere

Eine ebenfalls alte traditionelle Süßkirschensorte mit längeren Stielen, daher Langstieler. Die Sorte fand Verwendung für Marmelade und Saft. Die Sorte ist sehr fruchtbar. Sie war der zweite Hauptbestandteil für das Kirschwasser. Diese Kirsche hat ebenfalls eine tiefschwarze Farbe, ist im Aroma jedoch würziger und hat einen Geschmack nach Bitterschokolade, was ihr ihren zweiten Namen, die Bittere, einbrachte. Die intensive Saftfarbe ist ebenfalls sehr dunkelrot.

Markgräfler Kracher

Diese alte heimische Sorte war für Jahrzehnte die Hauptsorte der regionalen Tafelkirschenproduktion. Ihr Abstieg begann vor ca. 30 Jahren, als neuere Sorten die geforderten Eigenschaften nach noch mehr Grösse und längerer Haltbarkeit für den Markt besser erfüllten. Die alte Markgräfler Kracher ist in der Farbe schwarz. Im Geschmack ist diese würzige, sehr süße Kirsche bisher unübertroffen. Den Namen Kracher hat die Kirsche von der festeren Haut, die beim Biss im Mund knackt. Ihr Nachteil auf dem heutigen, sehr nur nach äusserem Aussehen orientierten Markt ist das schnelle Bräunen des Stieles.

Wiesler, Gelbe oder Napoleonkirsche

Die gelblich – rote Kirsche war mit Einzelbäumen im Tal verbreitet. Sie wurde nur als Tafelkirsche vermarktet. Die Kirschen haben eine feste Haut und schmecken süßlich – neutral. Das Fleisch hat eine weisliche Farbe. Die Kirschen sind hervorragend geeignet zum Einwecken. Der Name Wiesler entstand wahrscheinlich auf Grund ihrer im Verhältnis zur Markgräfler Kracher sehr hellen Farbe.

Diese Sorten bildeten den alten, berühmten Streuobstbestand mit seinen mächtigen, bis zu hundert Jahre alten Bäumen.

Die neueren Sorten

Der gegenwärtige Kirschenanbau im Eggenertal teilt sich in zwei Hauptgebiete. Nach wie vor bilden die Kirschen für die Marmelade- und Saftindustrie das Hauptgeschäft. Ist diese Ernte abgeschlossen, folgen Tafelkirschen, vorwiegend spätere Sorten. Erst seit kurzer Zeit pflanzen einzelne Betriebe zunehmend frühere Tafelsorten in grösserer Menge, so dass dieser Markt an Bedeutung gewinnen kann, falls die Erlöse stimmen. Für den modernen Tafelkirschenanbau sind folgende Anforderungen an die Sorten wichtig: eine anzustrebende Fruchtgrösse von mindestens 26 mm, fest und gut transportfähig, dunkelrot und glänzend mit ausgewogenem Aroma. Zusätzlich sollten die Sorten im Anbau produktiv, möglichst platz – und fäulnisfest sein und eine gleichmässige Abreife in der Reifeperiode haben.

Dollenseppler

Die Dollensepplerkirsche ist eine regionale Süßkirschensorte aus der Ortenau, die zu Anfang der 1970er Jahre ihren Weg in das Eggenertal gefunden hat. Ihre sehr guten Eigenschaften für die maschinelle Ernte führten in den 1980er Jahren rasch zu einer starken Verbreitung. Die Dollensepplerkirsche hat die traditionellen Sorten für Marmelade und Saft vollständig, bei Brennware nahezu vollständig abgelöst. Die Kirsche ist tiefschwarz und aromatisch. Sie hat eine feste Haut und löst sich im reifen Zustand leicht vom Stiel. Die Saftfarbe ist intensiv nach blaurot. Ein grosser Vorteil für die maschinelle Ernte ist ihre sehr einheitliche Fruchtreife am Baum.

Braune Kracher

Hier handelt es sich um regionale Findlinge, die nach und nach die alten Markgräfler Kracher ablösten, weil sich die Nachfrage zu weniger dunklen Sorten entwickelte. Daneben waren diese Kirschen grösser und haltbarer. Die Kirsche hat den bei Tafelkirschen geforderten Biss, ist im Geschmack neutraler und nicht so süß. Die Fruchtfarbe ist dunkelrot, das Fruchtfleisch ist rot. Die braunen Kracher sind dunkelrote Knorpelkirschen, deren Sämlinge und Züchtungen den Tafelmarkt dominieren. Die regionalen Findlinge werden inzwischen durch modernere Züchtungen ersetzt.

Kordia

Diese mittelspäte Tafelkirschensorte ist ein Zufallssämling aus Nordböhmen und wird besonders wegen ihrer Grösse angebaut. Die Fruchtfarbe ist dunkelrot, das Fruchtfleisch rot und festfleischig. Nachteil ist ihre Frostempfindlichkeit.

Regina

Die Sorte Regina ist eine ältere Züchtung aus Jork in Norddeutschland, die im Versuch längere Zeit im Eggenertal stand. Ende der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts entwickelte sich die Sorte zu einer der meist gepflanzten Tafelkirschen. Die Sorte ist spät reifend. Die Kirsche ist fest, sehr platzfest und hat einen knackigen Biss. Die Fruchtfarbe und das Fruchtfleisch sind dunkelrot. Weiterhin kann sie gut gelagert werden, was bei Frischware in Handel von Vorteil ist. Die Sorte reift sehr einheitlich.

Karina

Die Sorte Karina stammt züchterisch ebenfalls aus Jork in Norddeutschland. Die Kirsche gehört zu den später reifenden, ist grossfrüchtig und fest. Die Fruchtfarbe ist dunkelrot, das Fruchtfleisch rot. Die Sorte ist sehr fruchtbar.

Burlat

Eine der wenigen Frühsorten. Die Sorte ist ein Zufallsämling aus Südfrankreich. Die Fruchtfarbe und das Fruchtfleisch sind dunkelrot. Die Früchte sind etwas weich. Ein Nachteil von frühen Sorten ist ihre Beliebtheit bei Vögeln.

Schattenmorellen

Sauerkirschen waren im Markgräflerland nicht üblich. Der erste Anbau erfolgte Ende der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Diese sehr alte Sorte stammt aus Gotha in Sachsen, die genaue Abstammung ist aber unbekannt. Höhepunkt des Anbaus war ca. 1970 bis zur Jahrtausendwende. Starke Preiseinbrüche liessen den Anbau zurückgehen. Die Fruchtfarbe ist braunrot, das Fruchtfleisch rot. Die saftige Kirsche ist mittelspät und hat ein ausgeprägten, süß-sauren Geschmack mit leichter Herbe. Sie ist sehr gut geeignet für Saft und zum Einwecken. Ihre verführerischeste Verwendung findet die Kirsche in der weltbekannten »Schwarzwälder Kirschtorte«.

Für Kirschenliebhaber – ob als Frucht, ob veredelt oder verbacken – hat unser Tal also viel zu bieten. Juni und Juli sind die idealen Monate.